Die alternde Gesellschaft - warum Rehabilitation zum Eckpfeiler unseres Gesundheitssystems wird
- Laura Kudla
- vor 6 Tagen
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Europa steht vor einem tiefgreifenden demografischen Wandel. Schon heute steigt der Anteil älterer Menschen deutlich, und diese Entwicklung wird sich in den kommenden Jahrzehnten beschleunigen. Laut OECD wird Europa bis 2050 38 Millionen mehr Menschen über 65 Jahre haben, gleichzeitig aber 26 Millionen weniger Menschen im erwerbsfähigen Alter. Das sind fast 30% der EU-Bevölkerung, ein Anstieg von derzeit rund 20%.
Diese Zahlen verdeutlichen: Unser Gesundheitssystem muss sich neu ausrichten. Und ein Bereich gewinnt dabei massiv an Bedeutung: die Rehabilitation.
Mehr chronische Erkrankungen, mehr Bedarf an Reha
Mit zunehmendem Alter steigt die Zahl der chronischen Erkrankungen. Denn die Menschen werden dank fortschrittlicher Medizin und Lebensbedingungen zwar immer älter, doch nur die wenigsten altern gesund. Bereits heute leben 36% der über 65-Jährigen in der EU mit mindestens zwei chronischen Krankheiten. Aber auch die erwerbsfähige Bevölkerung ist betroffen: Ein Viertel der Menschen im Arbeitsalter leidet an einer chronischen Erkrankung, begünstigt durch Faktoren wie Bewegungsmangel, Stress oder ungesunde Arbeitsbedingungen.
Rehabilitation ist genau hier essenziell. Sie unterstützt ältere Menschen dabei, ihre Selbstständigkeit und Lebensqualität möglichst lange zu erhalten. Gleichzeitig hilft sie jüngeren Patient:innen, nach einer Erkrankung oder einem Unfall schneller wieder ins Berufs- und Sozialleben zurückzukehren. Zwei Jahre nach einer medizinischen Reha-Leistung sind 83 % der Patient:innen wieder erwerbsfähig (DRV).
Die positiven Effekte sind vielfältig:
Medizinisch: Reha reduziert Schmerzen, verbessert Beweglichkeit und senkt das Risiko weiterer Komplikationen.
Psychologisch: Sie stärkt Motivation und Selbstwirksamkeit der Patient:innen.
Ökonomisch: Jeder in Rehabilitation investierte Euro eine bis zu fünffache gesellschaftliche Rendite, da Folgekosten im Gesundheitssystem deutlich reduziert werden.
Trotzdem bleibt ein großes Defizit: Weltweit benötigen heute rund 394 Millionen Menschen – fast die Hälfte der europäischen Bevölkerung – irgendeine Form von Rehabilitation, doch die meisten von ihnen erhalten sie nicht.
Engpass Fachkräfte – warum Effizienz zum Schlüssel wird
Neben dem steigenden Bedarf verschärft sich eine weitere Herausforderung: der Fachkräftemangel. Laut OECD wird mehr als ein Drittel der Ärzt:innen in der EU bis 2030 in Rente gehen. Schon heute fehlen 1,2 Millionen Ärzt:innen, Pflegende und Hebammen in Europa. Die WHO warnt sogar vor einem weltweiten Mangel von 11 Millionen Gesundheitsfachkräften bis 2030.
Für Reha-Kliniken bedeutet das: Der Bedarf an Leistungen wächst, während die verfügbare medizinische und therapeutische Kapazität sinkt. Effizienzsteigerungen und digitale Unterstützung werden daher zu entscheidenden Faktoren, um Fachkräfte zu entlasten und ihnen mehr Zeit für die eigentliche Behandlung zu geben.
Ein weiterer Engpass liegt in der Bürokratie. Ärzt:innen und Therapeut:innen verbringen heute über ein Drittel ihrer Arbeitszeit mit Dokumentation. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft schätzt: Ärzt:innen sitzen im Schnitt 3 Stunden pro Tag an Dokumentationstätigkeiten, nahezu so viel Zeit wie im direkten Patient:innenkontakt.
Die Folgen sind gravierend: Würde die Dokumentationszeit pro Tag nur um eine Stunde reduziert, entspräche das einer Entlastung von 21.000 Ärzt:innen und 47.000 Pflegenden – Kapazitäten, die dringend für die Versorgung gebraucht werden.
Fazit: Ohne Reha keine nachhaltige Gesundheitsversorgung
Die Fakten sind eindeutig: Unsere Gesellschaft altert, chronische Erkrankungen nehmen zu – und genau deshalb ist Rehabilitation kein „Nice to Have“, sondern systemrelevant. Sie ist die Brücke zwischen Akutmedizin und Alltag, sie entscheidet über Lebensqualität, Selbstständigkeit und Teilhabe.
Gleichzeitig stehen wir vor massiven Herausforderungen: Fachkräftemangel und Bürokratie rauben wertvolle Ressourcen, die im direkten Patient:innenkontakt fehlen.
Um den demografischen Wandel zu meistern und die Versorgung langfristig zu sichern, braucht es deshalb dringend effiziente Lösungen, die Prozesse verschlanken, Fachkräfte entlasten und Kapazitäten freisetzen. Nur so kann Rehabilitation ihre zentrale Rolle im Gesundheitssystem erfüllen – heute und in Zukunft.

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